Oldie but not so goldie: sexistische Weisheiten am Arbeitsplatz
Ich liebe diese Momente, in denen man sich selbst überrascht, wenn man z. B. in einer alten Jacke unerwartet einen 20€-Schein findet oder in der hintersten Ecke des Schrankes doch noch Schokolade entdeckt, während man in einem Anflug von Heißhunger seine Vorräte durchwühlt. So ging es mir vor einigen Tagen, als ich nicht wusste, wie ich diesen Beitrag über einen Vorfall schreiben sollte, der sich vor drei Jahren eignete:
Bei einer Weihnachtsfeier hatte ein Kollege ungefragt mein Aussehen auf einer Skala von eins bis zehn bewertet und mir mitgeteilt, dass ich in einem Kleid noch viel besser aussehen würde. Ich war völlig sprachlos und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Im Endeffekt war ich so perplex, dass ich ihm sogar zugesagt habe, bei der nächsten Weihnachtsfeier ein Kleid zu tragen.
Da mir die Worte auf der Weihnachtsfeier fehlten, schrieb ich zu Hause einen Brief an besagten Kollegen. Ich habe ihn natürlich nie abgeschickt und kurz darauf völlig vergessen – wie den 20€-Schein in der Jackentasche oder die Schokolade im Schrank.
Als ich ihn nun zufällig wieder fand, war die Überraschung entsprechend groß und ich war meinem vergangenen Ich unendlich dankbar für diese Erinnerungsstütze: Mit einem Schlag fühlte ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt und all die Entrüstung und Unfassbarkeit kam zurück, die ich an jenem Abend empfand.
Bei dir ist alles immer ein Witz und die ganze Abteilung lacht darüber. Dass die Hälfte deiner Witze sexistisch und die andere Hälfte bei der Arbeit schlicht und einfach unangebracht ist, scheint keinen zu interessieren.
Schockierend, wo unsere Abteilung doch beinahe nur aus Frauen besteht, denen es an Selbstvertrauen eigentlich nicht mangelt. Vielleicht liegt es an deinem Charme und dem Augenzwinkern, mit dem du alles erzählst.
Dieser Kollege war in vielerlei Hinsicht speziell, doch ich denke nicht, dass er mich mit seinen Worten verletzen wollte. Ich glaube, er wollte witzig sein, vielleicht auch ein bisschen provozieren.
Ich sage das nicht, um ihn in Schutz zu nehmen, sondern um eine Frage zu formulieren, die mich seit Langem umtreibt: Wie macht man gebildeten und privilegierten (weißen) Männern verständlich, warum wir auch heutzutage noch Feminismus brauchen und sich insbesondere auch Männer mit dieser Thematik befassen sollten?
Diese Frage stellt sich für mich nicht von ungefähr, denn es gibt noch mehr Personen in meinem Leben, die sich damit schwertut, zum Beispiel mein Vater. Für ihn ist der Begriff Feminismus negativ besetzt.
Feministinn*en empfindet er als anstrengend, und seiner Meinung nach haben sie in der westlichen Welt eigentlich fast nichts mehr zu be- bzw. erkämpfen (mit Ausnahme der Gender-Pay-Gap, welche er glücklicherweise anerkennt). Wenn ich diese Problematik schon nicht meinem eigenen Vater begreiflich machen kann, wie soll ich es dann so einem Idioten von der Arbeit beibringen?
Erst zu Hause fielen mir wie immer all die Dinge ein, die ich hätte sagen sollen und deswegen tue ich es eben jetzt: Was fällt dir eigentlich ein? Du bist wahrscheinlich doppelt so alt wie ich und denkst, du hättest irgendein Recht, mir zu sagen, was ich anziehen oder nicht anziehen soll? Es geht dich rein gar nichts an, wie ich mich kleide und ob dir gefällt, was du siehst!
Es erstaunt mich auch immer wieder mit, was für einem selbstverständlichen Anspruch auf die Welt (und besonders auf Frauen) alte weiße Männer durch die Gegend laufen. Es ist ein Gefühl, das mir zutiefst fremd ist, nicht nur als Frau, sondern als Mensch. Wenn man sich die Kommentare auf Social-Media-Plattformen anschaut, die Frauen ertragen müssen, läuft es mir kalt den Rücken runter und mir wird bewusst, dass diese sexuelle Belästigungen für viele Frauen auch offline grausame Realität sind.
Mir kommt es daher fast falsch vor, über meine eigenen Erfahrungen zu schreiben. Denn die Wahrheit ist: Bislang hatte ich Glück. Sexismus am Arbeitsplatz ist mir nur in sehr begrenztem Umfang durch diesen einen ehemaligen Kollegen begegnet und auch im Privaten blieb ich bislang weitestgehend verschont. Vielen Frauen haben in ihrem Leben leider ganz andere Erfahrungen machen müssen.
Doch Diskriminierung ist kein Wettbewerb und nur weil ich hier meine Erfahrungen teile, heißt es nicht, dass mich die Erfahrungen anderer Frauen nicht ebenfalls und häufig auch viel mehr bestürzen als meine eigenen. Wir alle kämpfen für die gleichen Rechte und für ein Leben ohne Sexismus. Deswegen hat jede Geschichte seine eigene Berechtigung und muss laut in die Welt getragen werden.
Unsere Erfahrungen sind es, die hoffentlich eines Tages auch Idioten am Arbeitsplatz begreiflich machen, warum der Kampf der Feministinn*en immer noch nicht gewonnen und notwendig ist.
Luisa
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